Dienstag Nachmittag – Jane ist wieder vollständig zusammengebaut und einsatzbereit, da treffe ich ein nettes deutsches Paar im Hafen. Die Essenseinladung muss ich leider ablehnen, da ich schon gegessen habe und noch E-Mails beantworten muss. Aber ich revanchiere mich mit einem kühlen Bier anschließend und das sorgt für Genuss, denn die beiden haben keinen Kühlschrank an Bord.
Am nächsten Tag verlassen wir gemeinsam den Hafen mit Ziel Hvide Sande – eine Etappe von etwas mehr als 70 Meilen. Auch wenn ich alleine an Bord bin ist es schön jemanden in der Nähe zu wissen und sporadischen Funk-Kontakt halten zu können.
Die Etappe hat es durchaus in sich – von allem etwas dabei. Zu Beginn erstmal aus den Insel-Untiefen rauskreuzen mit dem üblichen steilen Wellengang – auf dem offenen Meer wird es dann erstmal ruhiger. Entspanntes Sonnensegeln und ich werfe sogar die Musik im Cockpit an. Dennoch der Kurs verlangt stetige Aufmerksamkeit. Um mal kurz die Pinne verlassen zu können, bastele ich mir mit einem Gummistropp eine bessere Selbststeuerung als mit dem Spanngummi alleine – dieser rutscht nämlich immer durch, wenn zu viel Druck auf die Pinne kommt. Das gelingt recht gut – ich kann so entspannt meine Fischbrötchen essen, die ich tags zuvor gekauft habe und auch mal die Seetoilette besuchen.
Nach Horns Rev – einem kleinen Kap an der Grenze zum Wattenmeer – legt der Wind dann plötzlich ziemlich zu und es ziehen dunklere Wolken auf. So wird die Etappe doch noch recht nass und sportlich. Ich drehe das erste Reff ins Grossegel – auch hier hält die Selbststeuerung wieder brav ihren Kurs. Damit läuft das Boot immer noch teilweise über 7 Knoten aber deutlich ruhiger in den Böen und den hohen Wellentälern. Mal wieder eine Belastungsprobe für Boot und Mannschaft, die wir aber beide gut meistern.
Kurz nach Sonnenuntergang erreiche ich Hvide Sande – drehe noch ein Reff ins Grossegel und berge das Vorsegel um mit reduzierter Geschwindigkeit in den Hafen zu laufen. Alles gelingt perfekt und ich werde per Funk von den Mitseglern – was für ein Luxus – an meinen Liegeplatz für die Nacht dirigiert. Nach einem Anlegebier und ein paar Aufräumarbeiten geht es nach über 13 Stunden Segeln auch sofort ans Schlafen.
Nächster Morgen ist der Aufbruch um 10 Uhr geplant. Da ich bis 9 Uhr schlafe, kommt etwas Hektik auf – schnell Proviant vorbereitet für den Tag, ich kann ja alleine nicht unter Deck viel machen, deshalb habe ich immer eine Frischhaltebox mit belegten Broten und Käse, etc. die bereitliegt. Und schon geht es los zur nächsten Etappe in den „heiligen“ Limfjord – so nennen ihn die Büsumer Segler, da es in ihrem Verein eine Herausforderung ist, die nicht jeder bisher meistern konnte.
Und die hat es durchaus in sich – die Wellen sind noch vom starken Wind der Nacht geprägt – mal wieder ein wilder Ritt. Nass, schaukelnd und böiger Wind. Doch die rauschende Fahrt und das schäumende Boot entschädigen für alles. Mittlerweile bekomme ich ein sehr gutes Gefühl dafür, wie die Wellen am besten anzusteuern sind und habe so viel Vertrauen in mein Boot, dass auch die brechenden Wellen mich nicht mehr verunsichern – es wird zwar nass, aber Gefahr droht keine. Ich muss nur ziemlich hart an der Pinne arbeiten, um zu verhindern, dass das Boot aus dem Ruder läuft.
So ziehen wir unsere Bahnen – immer dicht unter Land entlang bis zur Einfahrt des Hafens von Thyborøn – auch einer dieser magischen Ortsnamen, die ich schon von Beginn der Reise an im Kopf hatte. Das Ziel des Abends ändert sich aber nochmal – die Funkgemeinschaft hat beschlossen wegen des schlechten Rufs von Thyborøn und dem selbst gegen den Wind zu vernehmenden Gestanks noch eine Etappe weiter bis nach Lemvig zu segeln. Dort soll es einen sehr idyllischen Stadthafen geben – das will ich mir nicht entgegen lassen. Doch der Wind ist nicht mit mir – frustriert das Fahrwasser nicht halten zu können, berge ich die Segel und motore die letzten 2 Stunden in das kleine Paradies.
Die Ankunft entschädigt für alles und wir sitzen noch einige Augenblicke mit Bier und netten Gesprächen zusammen um den Abend ausklingen zu lassen.
Fazit – nach über 600 Meilen über die offene Nordsee – davon alleine 120 in den letzten beiden Tagen – habe ich genug vom Schaukeln über die Wellen. Boot und Crew haben ausreichend bewiesen, dass sie seegängig sind. Jetzt steht ein paar Tage entspanntes Fjord-Segeln und danach die Ostsee Richtung Kiel auf dem Programm – das habe ich mir finde ich mehr als verdient 🙂